Der Floh im Ohr

Über den Autor 

Georges Feydeau kam am 8. Dezember 1862 in Paris zur Welt. Die als ungewöhnlich schön beschriebene Mutter soll nach Gerüchten ein Verhätnis mit dem Halbbruder von Napoléon III gehabt haben. Dass sogar Napoléon III selbst der Vater ihres Sohnes sein könnte, wies sie zurück: „Sehen Sie sich meinen Georges an! Wie kann ein so intelligenter Junge der Sohn eines so dummen Herrschers sein?“

Ernest Feydeau, der u.a. in den Kreisen von Alexandre Duams verkehrte, war selbst nur ein unbedeutender Schriftsteller. Die gemeinsamgen Theaterbesuche mit dem achtjährigen Sohn weckten in Georges die Theaterleidenschaft.

Ernest Feydeau starb 1873. Nachdem seine Witwe 1876 den Theaterkritiker Henri Fouquier heiratete, lebte Georges fortan im Internat. Er war ein schlechter Schüler, und seine größte Aufmerksamkeit galt seinen Stücken, die er zu schreiben begann. Außerdem veranstaltete er Aufführungen mit der von ihm ins Leben gerufenen Schauspieltruppe. Sein erstes Stück, der Einakter „Amour et piano“, hatte 1883 eine recht erfolgreiche Premiere. Kurz darauf verließ er die Schule und trat in den Militärdienst ein. Ohne eigenes Vermögen oder Einkommen nahm er 1885 im Théatre de la Renaissance eine Stelle als Sekretär an. Der Theaterleiter ermöglichte Feydeau1886 auch, dessen erstes abendfüllendes Stück „Tailleur pur dames“ („Der Damenschneider“) dort aufzuführen. Der überwältigende Erfolg der Produktion ließ sich in den darauffolgenden Jahren mit weitern Stücken jedoch nicht wiederholne. Erst die Premiere von „Champignol malgré lui“ im Jahre 1892 wurde zum Triumph, dem bald die erfolgreiche Premiere von „Monsieur chasse“ am Palais-Royal folgte. Die beiden Stücke waren der Auftakt einer Serie von ERfolgen, die Feydeau zum beliebtesten Vaudeville-Autor im Paris der Jahrhundertwende machte.

1889 heiratete er Madame Carolus-Douran, mit der er vier Kinder bekam. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts schien sich das häusliche Glück zu wenden. Wenn Feydeau nicht schrieb, verbrachte er seine Zeit meist außerhalb des Hauses bei Proben, im Kaffeehaus und spät nachts im Maxim. Durch Spekulationen an der Börse und seine Spielsucht geriet Feydeau trotz des großen Erfolges seiner Stücke immer wieder in Geldnot. 1901 war er gezwungen, Teile seiner imposanten Kunstsammlung zu veräußern. Theaterwissenschaftler sehen in den bitteren späteren Werken Feydeaus, beginnend mit „Feu la mère de Madame“ (1908), den Einfluss der privaten Krisen. 1909 kam es nach einem handfesten Streit mit seiner Frau zur Trennung. Die nächsten zehn Jahre verbrachte Feydeau im Hotel Terminus nahe dem Gare Saint-Lazare. Seine Produktivität nahm weiter ab, bis 1916 schließlich sein letztes Stück „Hortense a dit: Je m’en fous!“ („Hortense hat gesagt, Sie können mich mal…“) herauskam. Seine Scheidung wurde im selben Jahr offiziell. Wahrscheinlich bei einer Prostituierten steckte er sich mit Syphilis an, die Spätfolgen führten zu exzentrischem Verhalten und Wahnvorstellungen, worauf seine Familie sich gezwungen sah, ihn in ein Sanatorium einzuliefern. Dort starb er zwei Jahre später am 5. Juni 1921 in geistiger Umnachtung.

Feydeau vollendete etwa 24 abendfüllende Stück eund 21 Einakter.

 

Über das Stück 

Die ganze Geschichte hängt an ein paar Hosenträgern! Direktor Chandebise hat sie offensichtlich in einem zweideutigen Hotel vergessen. Als seine Frau davon erfährt, ist für sie die Sache klar: Ihr Mann betrügt sie. Um ihn bei einem Seitensprung zu ertappen, stellt sie ihm eine Falle: Sie diktiert ihrer Freundin Lucienne einen Brief, in dem sie ihn – als eine „unbekannte Verehrerin“ – in besagtes Hotel bestellt. Doch ihr Gatte – tatsächlich ein treuer Ehemann, der lediglich seine Hosenträger seinem ebenso sprachgestörten wie abenteuerlustigen Nefen geschenkt hatte – glaubt, als er den Brief erhält, an eine Verwechslung und schickt seinen Stellvertreter ins Hotel. Damit nimmt eine der turbulentesten Verwechslungskomödien ihren Lauf, in deren Fortgang so ganz normal Verrückte wie ein rasend eifersüchtiger und schießwütiger Ehemann, Hoteldiener Poche, der wildgewordene Engländer Rugby und ein Drehbrett für zwerchfellerschütternde Verwirrung sorgen. Mit perfekter Präszision lässt Feydeau das groteske Geschehen abrollen.

Ein Meisterwerk der Boulevard-Komödie aus der Zeit der Belle Époque in einer neuen Übersetzung. Die Uraufführung war am 2. März 1907 im Théatre des Nouveautés in Paris.